Sonntag, 20. September 2015

Balti-Tour 2015: Von Riga nach Pärnu

 Die Via Baltica - weniger romantisch die E 67 - verbindet über fast 1.700 km das tschechische Prag mit Tallinn und über eine regelmässige 2-stündige Fährverbindung Helsinki in Finnland. Von Vilnius über Riga bis Tallinn hat sie durch die drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland eine Länge von 620 km.
Auf der gesamten Länge durch die drei baltischen Staaten bildeten über eine Million Esten, Letten und Litauer am 23. August 1989 die längste Menschenkette, die es jemals gegeben hat. Es war der 50. Jahrestag des Hitler-Stalin-Pakts, bei dem in einem Geheimen Zusatzprotokoll die drei Länder der Sowjetunion zuerkannt wurden. Durch alle drei damaligen Sowjetrepubliken standen sie, hielten Kerzen in den Händen und sangen, um gemeinsam für Freiheit und Unabhängigkeit von der Sowjetunion zu demonstrieren. Was für ein Mut und was für eine logistische Leistung solch eine Menschenkette zu organisieren.
Die „Singende Revolution“ war erfolgreich. Im Frühjahr 1990 beschlossen die jeweiligen Parlamente die Unabhängigkeit von der UdSSR, die de facto mit dem Zerfall der Sowjetunion im August 1991 wirksam wurde. Bereits im Mai 2004 wurden die drei Länder in die Europäische Union aufgenommen. Sie sind Mitglied der NATO, des Schengener Abkommens und inzwischen ist auch der EURO als Währung eingeführt.

Auf dieser geschichtsträchtigen Straße fuhren wir von Riga an der Küste des Rigaer Meerbusens entlang bis nach Pärnu. In Estland gilt die Redensart, dass man alle seine Freunde, die man das ganze Jahr nicht gesehen hat, im Sommer in Pärnu trifft.

Freunde in Pärnu zu treffen war nicht unser Ziel, aber Hineinschnuppern nach Estland, das wollten wir schon. Und unterwegs auch ein paar Döschen suchen und finden.
Es muss ja nicht gleich der Nelja Kuninga Tee -NKT „The Four King Road“ sein, der sich weiter im Norden durch Estland schlängelt und in etwa die Strecke markiert, die im 14. Jahrhundert von den vier vom Volk gewählten „Königen“ zurückgelegt wurde, um vom Deutschen Orden in Paide bessere Lebensbedingungen zu erbitten. Vom NKT 1 (GC3YY1T) bis zum NKT 467 (GC4D20G) ist dieser Powertrail durchnummeriert und seit Ende 2013 ist jeder der mit den am Weg liegenden ca.500 Caches an die 300 Mal geloggt worden. Häufig von finnischen Geocachern, die mit der Fähre nach Estland kommen und dann zwei Tage lang alle paar Hundert Meter anhielten, um einen schnellen Fund zu loggen.

Die Landschaft ist beeindruckend schön. Sandböden mit wenig anspruchsvollen Kieferwäldern, verstreute Häuser und Dörfer entlang der gut ausgebauten Via Baltica. Wen das anspricht, der hat mit dieser Tour eine gute Wahl getroffen, auch wenn die Straße nach unseren Verhältnissen eher eine einfache Bundesstraße und fast durchweg auf 70 km/h begrenzt ist. 
Da kommt man sich, so wie ich auf dem Bild, beim Cache Mazie Rakari vor dieser Landschaft ganz schön klein vor. Irgendwo oben ist der Cache. Ich habe es mir lieber unten gemütlich gemacht..

Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen aus dem Adelsgeschlecht derer zu Münchhausen aus Bodenwerder werden die Lügengeschichten des Baron Münchhausen zugeschrieben. Ob alle Münchhausiaden wirklich von ihm, dem phantasievollen Erzähler, stammen, sei dahingestellt. Gefreut hat er sich über den großen Erfolg der Veröffentlichungen nicht. Damals im Jahre 1795 war er aber schon 75 Jahre alt und nach einem ruinösen Scheidungsprozess von seiner 55 Jahre jüngeren Ehefrau sowieso ziemlich verbittert.
Glücklicher war er wohl in jüngeren Jahren, als er mit 19 Jahren bei den „Braunschwei-Kürrassieren“ in Riga diente und dabei auch von seinem Freund, dem baltischen Landadligen Georg Gustav von Dunten, häufiger zur Entenjagd eingeladen wurde. Dabei lernte ar auch dessen Tochter Jacobine von Dunten kennen und lieben. Sie heirateten 1744 und verbrachten sechs Jahre in Dunte, bevor er ins heimatliche Bodenwerder zurückkehrte und dort bis zu ihrem Tod weitere 40 Jahre glücklich mit seiner Frau lebte.

Dunte Manor beherbergt ein Baron Münchhausen Museum und - ungelogen - auch einen Cache, den zu finden wir nicht auf einer Kanonenkugel anfliegen mussten.
Münchhausen soll auch einem Wolf in den Schlund gefasst und sein Inneres nach außen gewendet haben. Gut zu wissen, dass er seit 1797 schon tot ist



ist einer der ältesten aktiven Caches in Estland.
Einen 18 m hohen Leuchtturm kann man schon in  Ainazi nahe der Grenze von Estland zu Lettland bewundern. Hier vor Ort einen zu suchen ist verlorene Liebesmühe, hier gibt es keinen. Auch das „Lighthouse Directory“ in dem über 18.500 Leuchttürme weltweit beschrieben sind muss hier passen. Der Name des Caches stammt vom nahegelegenen Ort Majaka (auf Deutsch: Leuchtturm) - that’s it! Aber auch wenn man keinen Leuchtturm findet, es ist schon etwas Besonderes und den kleinen Abstecher von der Via Baltica wert, die  kleine am 20. Mai 2001 ausgelegte Blechdose in der Hand zu halten. Immerhin: Auf dem Logbuch ist ein putziger Leuchtturm aufgezeichnet.

Von einem kleinen Parkplatz an der Via Baltica zweigt ein unscheinbarer Weg ab und der normale Tourist wird ihn beim Vorbeifahren vielleicht übersehen. Nicht so der Dosensucher! Der weiß aus dem Listing was ihn erwartet.
Quer durch den Wald und durch das Hochmoor ein längerer Plankensteg auf dem man, ohne sich durch das Gestrüpp durchkämpfen zu müssen oder der Natur zu schaden, entlang wandern und die Hinweistafeln studieren kann, um dann bei einem hölzernen Aussichtturm zu landen: Da kann man das Meer sehen!
Das sieht man auch an anderen Stellen und da gibt es sogar mit dem Auto bessere Zugänge. Aber dort gibt es dafür keinen „Sookolli aare“, den alten Cache aus dem September 2009 zu suchen und zu finden.
Und auf dem Weg liegt dann auch der „Tourist from east Germany“ (GCK6VM)

Versteckt im Juni 2004 ist auch das einer von den ganz alten Caches.
Ich hätte mir die Bilder anschauen sollen und dann die Dosen wahrscheinlich gefunden. Aber mein Augenmerk galt der Landschaft mit dem Hochmoor und zwei größeren Teichen beim etwa 3 Kilometer langen Plankenrundweg. Zwei DNFs und trotzdem happy, diese schöne Ecke dank Geocaching gefunden zu haben.


Die 1251 vom Deutschen Orden gegründete Stadt an der Mündung des gleichnamigen Flusses am Ausläufer des Rigaischen Meerbusens hatte bereits 1838 eine Badeanstalt und war ein beliebter Kur- und Badeort. „Sommerhauptstadt von Estland“, das ist sie auch heute wieder.
Nach einem Bummel durch die Innenstadt war Zeit für die Webcam. Nur alle fünf Minuten wird das Bild aktualisiert und beim ersten Mal stand ich außerhalb des Bildes. So einfach rumzustehen kann ganz schön lang werden, besonders wenn der Magen knurrt.
Wohin? Was wäre eine Reise ohne Smartphone und Internet. Schnell Tripadvisor kontaktiert und gleich um die Ecke gab es ein hervorragend bewertetes Restaurant. Seit unserem Besuch hat Hea Maa eine positive Bewertung mehr.

Geocaching in Estland begann im Januuar 2001 mit einem Bericht in einer Lokalzeitung. Am 10. Februar 2001 wurde der 1. Cache im Estland versteckt - etwa drei Monate nach Germany's First.  Die damalige Website geopeitus.ee ist noch immer aktiv und aktuell. Die damals gelisteten Caches werden heute immer noch vom Team der Owner „www.geopeitus.ee“ betreut und sind auf GC.com übertragen worden. Ohne die Handvoll engagierter Cacher würde es diese alten Caches vielleicht nicht mehr geben.




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen