Mittwoch, 13. Februar 2013

Die Doline … dann bin ich mal weg!


Es war damals schon ein aufregendes Ereignis, als ein paar Spaziergänger bei einer kleinen Wanderung Anfang Mai 2010 bei Seckach im Neckar-Odenwald-Kreis statt dem gewohnten sanft abfallenden Acker plötzlich ein tiefes Loch entdeckten, das am Tag zuvor noch nicht existierte. Über Nacht ist urplötzlich eine Doline mit einem respektablen Durchmesser von rund acht Metern und einer Tiefe von sechs Metern entstanden.
Schnell sprach sich dieser Vorfall herum und viele interessierte Zuschauer machten sich auf den Weg, um sich vor Ort selbst ein Bild zu machen. An der nahen Kreisstraße oder in den abzweigenden Feldwegen parkten stets ein paar Autos und manche wagten sich übermütig und unvorsichtig sogar bis an den brüchigen Rand des tiefen Lochs.
Damit niemand unfreiwillig den Grund der neu entstandenen Doline erforschte, wurde das Gelände mit weiß/roten Plastikbändern abgesichert und an den Befestigungspfosten Schilder mit „Betreten verboten“ und „Vorsicht Lebensgefahr“ befestigt.
Der Landwirt als Eigentümer der Fläche hatte keine große Freude an seiner Doline mitten im Acker und nach Abstimmung mit der Gemeinde, dem Landratsamt und den Naturschutzbehörden wurde beschlossen, das Loch schnellstmöglich wieder aufzufüllen. Bevor es jedoch soweit war und vorsichtig an die 500 – 600 Kubikmeter Erde verfüllt wurden, bekam das Geologische Landesamt die Möglichkeit, diese außergewöhnlich große neue Doline zu untersuchen.

Foto by matthiashn FlickrID 4604167540 Licence: non Commercial Share Alike
Auch Geocacher zeigten sich plötzlich stark an dieser Doline interessiert.
Vier Tage nach dem unerwarteten Vorfall war bereits ein Earth-Cache Doline freigeschaltet und wurde in den nächsten Tagen und Wochen rege besucht.

Foto by matthiashn FlickrID 4604167540 Licence: non commercial Share Alike

Entstanden ist die Seckacher Doline durch Oberflächenwasser, das versickerte, unterirdisch am Hang abströmte und dabei im karstigen Untergrund einen Hohlraum ausgewaschen hatte, der dann einstürzte. Vom sicheren nahe gelegenen Feldweg oder der höher gelegenen Kreisstraße aus gab es einen interessanten Einblick in das Loch. Den Grund des Erdlochs konnte man von diesen Standorten aus nicht sehen.

Ab August 2010 war dann kaum noch etwas zu sehen. Zu diesem Zeitpunkt war das Loch schon wieder verfüllt und die Doline beseitigt. Man konnte die Stelle nur noch an dem etwas anders farbigen eingefüllten Erdreich erahnen.
Und damit hat eigentlich auch der Earthcache seine Berechtigung verloren. Trotzdem wird der EC noch gesucht und geloggt.. In Kürze wird darüber wohl – im wahrsten Sinne des Wortes – Gras gewachsen sein.

Foto by Steinfreund in seinem Log vom Januar 2013

Dolinen sind in Karstgebieten keine extrem seltenen geologischen Gebilde. Wenn man bei der Cachesuche nach Namen „Doline“ oder „Dolina“ eingibt, werden an die 30 Earthcaches und über 70 weitere Tradis angezeigt, die zum Besuch einer solchen Doline einladen. Alle sind geologisch älter als das Seckacher Exemplar und bereits seit Tausenden, wenn nicht sogar Millionen Jahren existent.
Von den  Dolinen im Schwarzwassertal in Vorarlberg, die man als Minidolinen und kleine Vertiefungen im Gelände kaum wahrnimmt, bis zur Doline near Obruk in der Türkei, einem wassergefüllten Prachtexemplar mit einem Durchmesser von 200 – 230 m und einer Tiefe von 145 m reicht das Spektrum. Ein ähnlich tiefes Exemplar und eine nahe gelegene Höhle gibt es mit Skicjan Doline in Slowenien zu bewundern. Wenn es an Durchmesser und Tiefe fehlt, so macht es die Anzahl der zu besichtigenden Dolinen wett. Bei den Dolinen im Wald in der Gegend von Ulm kann man gleich deren fünf besichtigen
.

Es gibt größere und tiefere Dolinen als das Grünloch in den steirisch-niederösterreichischen Kalkalpen. Aber in einer Hinsicht ist dieses Loch einmalig: Durch die besonderen Bedingungen vor Ort wurde hier 1932 mit minus 52,6 Grad die tiefste jemals gemessene Temperatur in Mitteleuropa dokumentiert. Einen Besuch des EC im Winter mit einer 10-stündigen Schneeschuhwanderung zu dem Punkt auf nur 1.270 m Seehöhe würde ich zu dieser Jahreszeit aber doch lieber den Meteorologen überlassen, die darüber in der Online Zeitung der Universität Wien eindrucksvoll berichtet haben.

Häufig wird bei Earthcaches nach dem Unterschied zwischen Dolinen und Erdfällen gefragt. Sich hier sachkundig zu machen und die Antwort zu finden, soll dem suchenden Cacher vorbehalten bleiben. 

Nur auf eine dritte leicht zu verwechselnde Art, dem schon der Künstler Heinz Breloh zum Opfer fiel, will ich noch hinweisen. Wie beim Tradi  Dolinenkunst nachzulesen, wollte er im Rahmen eines Land-Art Wettbewerbs ein Kunstwerk auf dem Grund einer Doline erschaffen. Dass es sich bei dieser „Doline“ allerdings um einen Bombentrichter aus dem 2. Weltkrieg handelte, hat der 2001 verstorbene Künstler wahrscheinlich nie erfahren.

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