Wenn man von Magdeburg auf der B 189 kommend den
Mittellandkanal unterquert hat und aus dem kurzen Tunnel wieder ans Tageslicht
kommt, sind es gerade noch fünf Kilometer, bis man Samswegen erreicht.
Nach dem Gewinn der deutschen Mannschaftsmeisterschaft im
Gewichtheben in den Jahren 2006 und 2007 wurde am Ortseingang der bis Ende 2003
eigenständigen Gemeinde mit knapp 1.900 Einwohnern voller Stolz ein Schild „Das
stärkste Dorf Deutschlands“ aufgestellt. Ob dieses Schild immer noch am
Ortseingang steht und vom Ruhm des SSV Samswegen und der starken Männer dieser
Randsportart berichtet, entzieht sich meiner Kenntnis.
Definitiv kein Hinweisschild steht 1,5 km nach dem Tunnel in
einem kleinen Waldgebiet an der ersten Ausfahrt, das von Ruhmestaten in einer
anderen Randsportart berichtet. Hier ist der Challenge-Cache GC2NMA8 16Bundesländer an einem Tag versteckt und die Anforderungen sind echt stark:
„Innerhalb eines
Kalendertages (zwischen 00.00 und 24.00 h) musst du alle 16 Bundesländer
bereisen und mind. 1 Cache in jedem Land suchen, finden und loggen. Ja es ist
eine extreme Herausforderung und wer Lust hat kann sich dieser Aufgabe /
Challenge stellen.“
Eine verrückte, bekloppte Idee für durchgeknallte Cacher.
Man muss ein bisschen verrückt sein, sehr verrückt sein oder komplett
wahnsinnig sein, um diese Tour, die „Tour der Bekloppten“ zu absolvieren. Das
ist nicht meine Einschätzung, sondern Originalzitate aus den Fundlogs der
Cacher, die diese Challenge in Angriff genommen und erfolgreich abgeschlossen
haben.
Seit Veröffentlichung am 2. März 2011 gibt es nach zwei
Jahren 252 geloggte Finds. Der letzte stammt vom November 2012. Seitdem ist
Ruhe an der deutschen Front, aber die Saison wird sicher bald eröffnet werden.
Obwohl auch vereinzelt Solo-Cacher unterwegs waren, die
meisten gingen als Team, häufig in Kleinbussen, manchmal zwei in Kolonne, auf
ihre Deutschland-Tour. Im April 2012 wurde von einer Truppe sogar ein Reisebus
gechartert, der mit 42 Cachern in 24 Stunden 1.882 km durch die Lande fuhr. Die
zwei Fahrer des professionellen Busunternehmens wurden auf halber Strecke durch
zwei andere, die bereits auf die Ankunft warteten, ersetzt. ValoHildesia
schreibt dazu im Log:
„Großartig waren auch
die verdutzten Blicke der Muggel, die auf den von uns angefahrenen
Autobahnparkplätzen folgendes Spektakel erleben mussten (durften!):
Ein Reisebus fährt vor, die Türen gehen auf, 42 Menschen springen heraus und rennen auf ein Objekt zu (nicht die Toilette, das kann ja jeder),versammeln sich kurz, laufen breit grinsend zum Bus zurück, steigen ein, der Bus fährt ab. Ich glaube, so geht ein kleiner Flashmob?“
Ein Reisebus fährt vor, die Türen gehen auf, 42 Menschen springen heraus und rennen auf ein Objekt zu (nicht die Toilette, das kann ja jeder),versammeln sich kurz, laufen breit grinsend zum Bus zurück, steigen ein, der Bus fährt ab. Ich glaube, so geht ein kleiner Flashmob?“
Die meist zwischen 1.800 – 2.100 km lange Tour bedarf
akribischer Vorarbeit. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 100 km/h
bleibt nicht viel Zeit zur Döschensuche. So sind es auch meist schnelle
Rastplatzcaches oder TB-Hotels in der Nähe der Autobahn, die angefahren wurden.
Wenn die Ausfahrt wegen Bauarbeiten gesperrt war, kam auch mal Hektik auf, aber
auch auf notwendige „Reserve-Caches“ war man vorbereitet.
Manchen war diese Herausforderung noch nicht genug. Da
wurden in den Nachbarländern Benelux-Caches oder Caches in Frankreich, Polen und Tschechien in die Tour integriert.
Es gab Deutschland als Magical Mystery-Tour mit einer D/T 5/5 Dose in über 20 m Höhe
zum Abschluss. Andere konzentrierten sich auf Caches mit hohen Favoritenpunkten
oder auf Lost Places. Caches mit 8 und später sogar 10 verschiedenen Icons
einschl. CITO – viel Zeit war da sicher nicht – und Event wurden auf der Tour
geloggt.
Mit Computer, Smartphones und sogar Webcam waren manche
Teams mit der Außenwelt verbunden und konnten so stets die genaue Position
mitteilen. Aufmunternde, bewundernde
Mails während der Fahrt“ als Motivation waren die Folge. Der Live-Blog
eines anderen Teams hatte im Juli 2011 während der Tour 2.000 Seitenaufrufe. Der schnellste schaffte es in 17 Stunden, bei anderen waren
gerade mal 10 Minuten Restzeit übrig.
Nur ein einziges Team gibt im Oktober 2012 das Scheitern
bekannt.
„Also,wir müssen
gestehen das wir erst einmal gescheitert sind, solch eine Tour ist nicht zu
unterschätzen. Haben genau um 0.00 Uhr das Startsignal gegeben und waren abends
um 20.30 erst in Bayern. Unterwegs viel Zeit verloren, bei den Spritpreisen
auch versucht, sparsam zu fahren. So hätten wir noch 6 Bundesländer machen müssen
und dann noch nach Hause, 700 km. Eine tolle Idee und wir versuchen es bestimmt
noch einmal, aber jetzt sind wir völlig platt.“
Platt waren die meisten nach 26 bis 36 Stunden ohne Schlaf.
Einer berichtet sogar, dass er 45 Stunden auf den Beinen war und das alles für
einen Cache und ein Banner, das man auf seiner Profilseite einfügen kann.
Im Dezember 2011 erlaubte sich ein noch jugendlicher Cacher in
einer Note den Hinweis, dass nach seiner Rechnung ungefähr 630 sehr große
Fichten nötig wären, um den laufenden CO2 Ausstoß für die jährlichen Touren allein
für diesen Cache zu kompensieren. Paul meinte: „Ich weiß jetzt nicht,
ob das jemanden interessiert, aber ich finde das Umweltverschmutzung.
Eigentlich ist ja Geocaching auch so was mit der Natur und nicht gegen die
Natur.“
Wenn Extrem-Bergsteiger nach ihrer Motivation für den
Aufstieg auf Achttausender gefragt werden ist oft die Antwort: „Weil es sie
gibt“. Und auch bei diesem Cache wurde nach dem Sinn der Tour
gefragt und die Antwort lautete ebenso „Weil es diesen Cache gibt!“
Geocaching hat viele Gesichter und dieser Cache ist eines
davon.
Sinnlos tausende von Kilometern abreissen, um 16 Belanglosdosen zu finden - herrlich...
AntwortenLöschenDavon abgesehen, dass man nichts zu "Stealth Mode" sagen muss, wenn ein Bus 16x 42 Leute ausspuckt:
AntwortenLöschenEs interessiert scheinbar niemanden, dass für 16 Drecksdosen sinnlos die Umwelt belastet wird. Hach, was sind wir doch alles für tolle Menschen, wenn wir auf Umweltsünden der Welt zeigen. Aber beim ach so tollen Naturschutz-freundlichen GC kann man das schon mal zur Seite schieben... Wieso auch. So 16 Unterschriften sind schon wichtig, da kann die Atmosphöre ruhig ein wenig warten.
Was soll ich mich abhetzen? Ich habe in zweieinhalb Jahren 7/16 Bundesländer geschafft. Wenn ich so weiter mache, bin ich in drei Jahren damit durch. Geht doch.
AntwortenLöschenAber wer´s braucht...
Gruß,
Marschkompasszahl
P.S.: Die Verknüpfung mit Wordpress funzt nicht.
Auch ich kann diesen Challenges nichts abgewinnen. Mir wär dafür meine Zeit zu schade und der Sprit zu teuer. Aber wenn jemand das toll findet - es ist nun mal so, dass die Geschmäcker unterschiedlich sind. Wie im richtigen Leben. Für mich entsteht in Bezug auf dieses Challenges-Abreiten aber eher ein Bogen zu Deinem vorherigen Artikel...
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