Sonntag, 27. September 2015

Geocacher sind doch treue Fans !

Als Kaplan in einer kleineren katholischen Seelsorgeeinheit war er bekannt und beliebt. Man schätzte sein humorvolles und offenes Wesen und auch in der örtlichen Gemeinde war er bestens vernetzt und eingebunden. Er war nicht nur Mitglied im örtlichen Skatclub „Kreuz Bube“, sondern auch im Angelverein „Flotte Rute“ aktiv.

Beim Angeln konnte er sich bestens von seiner aufreibenden Tätigkeit erholen. Um auch andere Menschen an diesem Hobby teilhaben zu lassen, wo man, wie er häufig betonte, seine Seele durchbaumeln lassen und zu einer inneren Ruhe finden könne, hatte er über seine Angelerlebnisse ein kleines Büchlein geschrieben. „Die Fliege, die Rute, die Forelle und ich“ sei zwar als Titel etwas holprig, wie der Verleger meinte. „Meine Rute und ich“ sei doch viel eingängiger und einprägsamer. Dies lehnte der Autor ab, weil es zu Mißverständnissen führen könne und vielleicht eine falsche Zielgruppe ansprechen würde. Unser Kaplan ließ sich nicht beirren und für den Verleger überraschend: Das Buch fand seine Abnehmer, wenn auch wenige. Nur sein 2. Werk „Seelenfischer“ fand zu seinem Leidwesen keinen großen Markt.

Vielleicht war es auch der fehlende Bekanntheitsgrad, der zu dem nur bescheidenen Erfolg führte. Immerhin war er auch überregional kein Unbekannter. Im SDR hatte er schon zwei Mal um 7 Uhr morgens die „Gedanken zum Tag“ gesprochen und einem prominenten Kollegen sogar den Text für das „Wort zum Sonntag“ verfasst. Das wurde zu seinem Leidwesen aber nie öffentlich bekannt.

Ab und zu gab er in Gemeindesälen auch Lesungen, wo er die nach seiner Meinung spannendsten Geschichten aus seinem Buch zum Besten gab. Viele Besucher verirrten sich nicht zu seinen abendlichen Veranstaltungen. Auch seine Freunde von der „Flotten Rute“, die Angler rührten nicht die Werbetrommel oder strömten enthusiastisch zu seiner Präsentation. So musste er die bereits vorher signierten Bücher meist einpacken und wieder mit nach Hause nehmen. Falsches Hobby!

Wie anders reagiert da doch die Geocacher-Gemeinde!
Er ist zwar kein Kaplan, aber mit seiner Arbeit auch in der Öffentlichkeit aktiv und ab und zu im Fernsehen - häufig als humorvolle Bereicherung von Quizsendungen - zu sehen. Das hat er unserem Prediger voraus. Über viele seiner humorvollen Beiträge habe auch ich herzlich gelacht, über manche auch mal mit „Naja“ den Kopf geschüttelt. Man kann es nicht allen recht machen.

2005 hat er Geocachen als entspannendes Hobby entdeckt und anfangs, meist auf dem Weg zu seinen Veranstaltungen, immer wieder einmal eine Dose gesucht und gefunden. Inzwischen sind es über 1.800 Caches, bei denen er einen Fund geloggt hat. Einmal konnte ich mich bei einem Cache sogar direkt nach ihm ins Logbuch eintragen. Huii, das war vielleicht aufregend! Es war aber keiner von den fast 100 T 5,0, die auf seinem Account stehen. Ich will da nicht so hoch hinaus. Und mit seinen Funden in 45 Ländern ist er mir auch knapp voraus.

Über seine Erlebnisse beim Geocachen hat er, wie unser Kaplan über seine Angel-Adventures, auch ein Buch geschrieben, dem inzwischen weitere gefolgt sind. Auf Einladung von Buchhändlern und anderen Organisatoren geht er immer wieder auf „Lesereise“ durch Deutschlands Städte. Anders aber als die Anglerfreunde kann er sich auf seine Geocacher-Community verlassen.

Sie strömen nicht nur in seine Leseabende, um seine Anektoden zu hören, im vertraulichen „Du“ ein paar Worte mit ihm zu wechseln - etwas lauter, damit mitgebrachte Verwandte und Bekannte in der Nähe es hören können, - vielleicht auch nur, um ihn erfurchtsvoll am Ärmel zu berühren. Da sind die Wangen vor Aufregung gerötet und die Pupllen geweitet. Dann wird eines oder mehrere seiner Bücher gekauft, die er geduldig und immer freundlich mit Widmung signiert.
Wenn er in die Stadt kommt, dann werden „Meet & Greet - Events“ organisiert und so ist ein Treffen mit ihm meist ein Highlight in manchem Cacherleben. So einer - und der macht das Gleiche wie ich - das verbindet.

Und auch unser Promi-Cacher ist mit der Heldenverehrung nicht unglücklich: Da rührt die örtliche Cachergemeinde die Werbetrommel und füllt den Saal. Neben dem Honorar des Veranstalters und möglichen Eintrittsgeldern fließen die Honoraranteile aus dem Buchverkauf und schließlich tut es ja auch gut, von so vielen quasi symbolisch anerkennend auf die Schulter geklopft zu werden.
Einer von uns!

Irgendwie finde ich das toll.
So überlege ich, ob ich nicht vielleicht doch von meinen Anektoden und meinen Geschichten rund ums Geocachen eine Printversion herausbringen und dann auch auf Tournee gehen soll.
Und eine zusätzliche Lücke habe ich auch entdeckt: Bei mir würde es auch eine limitierte Albatross1901 Geocoin geben, deren Kauf - und Kaufpreis - im Eintritt zur Lesung praktischer Weise gleich enthalten wäre.


Für Angebote und Nachfragen ist meine Kontaktadresse ja bekannt.

Sonntag, 20. September 2015

Balti-Tour 2015: Von Riga nach Pärnu

 Die Via Baltica - weniger romantisch die E 67 - verbindet über fast 1.700 km das tschechische Prag mit Tallinn und über eine regelmässige 2-stündige Fährverbindung Helsinki in Finnland. Von Vilnius über Riga bis Tallinn hat sie durch die drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland eine Länge von 620 km.
Auf der gesamten Länge durch die drei baltischen Staaten bildeten über eine Million Esten, Letten und Litauer am 23. August 1989 die längste Menschenkette, die es jemals gegeben hat. Es war der 50. Jahrestag des Hitler-Stalin-Pakts, bei dem in einem Geheimen Zusatzprotokoll die drei Länder der Sowjetunion zuerkannt wurden. Durch alle drei damaligen Sowjetrepubliken standen sie, hielten Kerzen in den Händen und sangen, um gemeinsam für Freiheit und Unabhängigkeit von der Sowjetunion zu demonstrieren. Was für ein Mut und was für eine logistische Leistung solch eine Menschenkette zu organisieren.
Die „Singende Revolution“ war erfolgreich. Im Frühjahr 1990 beschlossen die jeweiligen Parlamente die Unabhängigkeit von der UdSSR, die de facto mit dem Zerfall der Sowjetunion im August 1991 wirksam wurde. Bereits im Mai 2004 wurden die drei Länder in die Europäische Union aufgenommen. Sie sind Mitglied der NATO, des Schengener Abkommens und inzwischen ist auch der EURO als Währung eingeführt.

Auf dieser geschichtsträchtigen Straße fuhren wir von Riga an der Küste des Rigaer Meerbusens entlang bis nach Pärnu. In Estland gilt die Redensart, dass man alle seine Freunde, die man das ganze Jahr nicht gesehen hat, im Sommer in Pärnu trifft.

Freunde in Pärnu zu treffen war nicht unser Ziel, aber Hineinschnuppern nach Estland, das wollten wir schon. Und unterwegs auch ein paar Döschen suchen und finden.
Es muss ja nicht gleich der Nelja Kuninga Tee -NKT „The Four King Road“ sein, der sich weiter im Norden durch Estland schlängelt und in etwa die Strecke markiert, die im 14. Jahrhundert von den vier vom Volk gewählten „Königen“ zurückgelegt wurde, um vom Deutschen Orden in Paide bessere Lebensbedingungen zu erbitten. Vom NKT 1 (GC3YY1T) bis zum NKT 467 (GC4D20G) ist dieser Powertrail durchnummeriert und seit Ende 2013 ist jeder der mit den am Weg liegenden ca.500 Caches an die 300 Mal geloggt worden. Häufig von finnischen Geocachern, die mit der Fähre nach Estland kommen und dann zwei Tage lang alle paar Hundert Meter anhielten, um einen schnellen Fund zu loggen.

Die Landschaft ist beeindruckend schön. Sandböden mit wenig anspruchsvollen Kieferwäldern, verstreute Häuser und Dörfer entlang der gut ausgebauten Via Baltica. Wen das anspricht, der hat mit dieser Tour eine gute Wahl getroffen, auch wenn die Straße nach unseren Verhältnissen eher eine einfache Bundesstraße und fast durchweg auf 70 km/h begrenzt ist. 
Da kommt man sich, so wie ich auf dem Bild, beim Cache Mazie Rakari vor dieser Landschaft ganz schön klein vor. Irgendwo oben ist der Cache. Ich habe es mir lieber unten gemütlich gemacht..

Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen aus dem Adelsgeschlecht derer zu Münchhausen aus Bodenwerder werden die Lügengeschichten des Baron Münchhausen zugeschrieben. Ob alle Münchhausiaden wirklich von ihm, dem phantasievollen Erzähler, stammen, sei dahingestellt. Gefreut hat er sich über den großen Erfolg der Veröffentlichungen nicht. Damals im Jahre 1795 war er aber schon 75 Jahre alt und nach einem ruinösen Scheidungsprozess von seiner 55 Jahre jüngeren Ehefrau sowieso ziemlich verbittert.
Glücklicher war er wohl in jüngeren Jahren, als er mit 19 Jahren bei den „Braunschwei-Kürrassieren“ in Riga diente und dabei auch von seinem Freund, dem baltischen Landadligen Georg Gustav von Dunten, häufiger zur Entenjagd eingeladen wurde. Dabei lernte ar auch dessen Tochter Jacobine von Dunten kennen und lieben. Sie heirateten 1744 und verbrachten sechs Jahre in Dunte, bevor er ins heimatliche Bodenwerder zurückkehrte und dort bis zu ihrem Tod weitere 40 Jahre glücklich mit seiner Frau lebte.

Dunte Manor beherbergt ein Baron Münchhausen Museum und - ungelogen - auch einen Cache, den zu finden wir nicht auf einer Kanonenkugel anfliegen mussten.
Münchhausen soll auch einem Wolf in den Schlund gefasst und sein Inneres nach außen gewendet haben. Gut zu wissen, dass er seit 1797 schon tot ist



ist einer der ältesten aktiven Caches in Estland.
Einen 18 m hohen Leuchtturm kann man schon in  Ainazi nahe der Grenze von Estland zu Lettland bewundern. Hier vor Ort einen zu suchen ist verlorene Liebesmühe, hier gibt es keinen. Auch das „Lighthouse Directory“ in dem über 18.500 Leuchttürme weltweit beschrieben sind muss hier passen. Der Name des Caches stammt vom nahegelegenen Ort Majaka (auf Deutsch: Leuchtturm) - that’s it! Aber auch wenn man keinen Leuchtturm findet, es ist schon etwas Besonderes und den kleinen Abstecher von der Via Baltica wert, die  kleine am 20. Mai 2001 ausgelegte Blechdose in der Hand zu halten. Immerhin: Auf dem Logbuch ist ein putziger Leuchtturm aufgezeichnet.

Von einem kleinen Parkplatz an der Via Baltica zweigt ein unscheinbarer Weg ab und der normale Tourist wird ihn beim Vorbeifahren vielleicht übersehen. Nicht so der Dosensucher! Der weiß aus dem Listing was ihn erwartet.
Quer durch den Wald und durch das Hochmoor ein längerer Plankensteg auf dem man, ohne sich durch das Gestrüpp durchkämpfen zu müssen oder der Natur zu schaden, entlang wandern und die Hinweistafeln studieren kann, um dann bei einem hölzernen Aussichtturm zu landen: Da kann man das Meer sehen!
Das sieht man auch an anderen Stellen und da gibt es sogar mit dem Auto bessere Zugänge. Aber dort gibt es dafür keinen „Sookolli aare“, den alten Cache aus dem September 2009 zu suchen und zu finden.
Und auf dem Weg liegt dann auch der „Tourist from east Germany“ (GCK6VM)

Versteckt im Juni 2004 ist auch das einer von den ganz alten Caches.
Ich hätte mir die Bilder anschauen sollen und dann die Dosen wahrscheinlich gefunden. Aber mein Augenmerk galt der Landschaft mit dem Hochmoor und zwei größeren Teichen beim etwa 3 Kilometer langen Plankenrundweg. Zwei DNFs und trotzdem happy, diese schöne Ecke dank Geocaching gefunden zu haben.


Die 1251 vom Deutschen Orden gegründete Stadt an der Mündung des gleichnamigen Flusses am Ausläufer des Rigaischen Meerbusens hatte bereits 1838 eine Badeanstalt und war ein beliebter Kur- und Badeort. „Sommerhauptstadt von Estland“, das ist sie auch heute wieder.
Nach einem Bummel durch die Innenstadt war Zeit für die Webcam. Nur alle fünf Minuten wird das Bild aktualisiert und beim ersten Mal stand ich außerhalb des Bildes. So einfach rumzustehen kann ganz schön lang werden, besonders wenn der Magen knurrt.
Wohin? Was wäre eine Reise ohne Smartphone und Internet. Schnell Tripadvisor kontaktiert und gleich um die Ecke gab es ein hervorragend bewertetes Restaurant. Seit unserem Besuch hat Hea Maa eine positive Bewertung mehr.

Geocaching in Estland begann im Januuar 2001 mit einem Bericht in einer Lokalzeitung. Am 10. Februar 2001 wurde der 1. Cache im Estland versteckt - etwa drei Monate nach Germany's First.  Die damalige Website geopeitus.ee ist noch immer aktiv und aktuell. Die damals gelisteten Caches werden heute immer noch vom Team der Owner „www.geopeitus.ee“ betreut und sind auf GC.com übertragen worden. Ohne die Handvoll engagierter Cacher würde es diese alten Caches vielleicht nicht mehr geben.




Samstag, 19. September 2015

Balti-Tour 2015: Mega Riga Power Trail

Das 1. MEGA-Event in Riga scheint gemütlich und überschaubar gewesen zu sein. Weniger als 350 Cacherteams haben im Juli 2013 für das MEGA RIGA 2013 ihr „Attended“ geloggt. Riga und die baltischen Staaten liegen doch etwas abseits von den Cacherhochburgen.
Beim Mega Riga 2014 im Folgejahr waren es dann nur 164 Teams die ihre Teilnahme loggten. Das sind Teilnehmerzahlen, die in Deutschland mitunter schon bei einem normalen Event erreicht werden.

Dabei hatten sich die lettischen Organisatoren schon 2013 solche Mühe gegeben, um ein interessantes Programm anzubieten: Vom Flash Mob bis zur Kletterwand, Konzerte, Fahrrad-Events, diverse Wettbewerbe, CITO und vieles andere mehr wurden in den drei Tagen angeboten. Und die Stadt selbst, 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt und 2014 als Kulturhauptstadt Europas gewürdigt, hat ja auch einiges zu bieten.

Ein Highlight der MEGA-Events war sicher auch ein Powertrail mit über 200 Caches in einem nahegelegenen Wald. Jeder Cache wurde einem lettischen Geocacher gewidmet und damit wollte Kagis, als Owner der Runde auch die Erinnerung an das MEGA-Event wach halten. Ein ausgelegtes „Field of Fame“, wo man sicher auch gerne mal seinen eigenen Cache sucht.
Vom Parkplatz aus führen zwei große Schleifen mit 97 und 116 ausgelegten Caches durch ein einsames Waldgebiet. Das Waldgebiet scheint aber der steigenden Zahl lettischer Geocacher nicht gewachsen zu sein, denn an anderer Stelle wurde 2015 ein zuusätzlicher Powertrail mit über 70 weiteren Petlingen ausgelegt.

Nach Riga zu fliegen und die baltischen Länder zu bereisen nur um Power-Runden abzufahren wäre wohl etwas einschichtig. Aber zumindest einen Tag für eine längere Wanderung durch die Wäder Lettlands, das war eingeplant. Dafür habe ich mir die westliche Schleife des Powertrails ausgeguckt und vorbereitet.

Von unserer Relaisstation unweit des Flughafens bis zum Startpunkt in Upesciems waren es nur knapp 25 km Fahrt. Was ich nicht bedacht hatte war die notwendige Durchquerung von Riga. Weil von den zwei Millionen Letten rund 700.000 allein in Riga wohnen, wurde aus der morgendlichen Anfahrt bei der Stadtdurquerung ein mühsames Stop and Go. Nach fast 90 Minuten für die kurze Strecke waren wir schon weit unserem Zeiplan hinterher.

Enttäuschend verlief auch der Beginn unserer Tour: Beim ersten Dutzend der Caches waren die Petlinge aus der Halterung verschwunden, nur noch beschädigte Halterungen vorhanden oder es fehlte Petling und Halterung. Sollte sich das abseits der Straße auch im Wald so fortsetzen? Dann wäre es zumindest eine interessante Wanderung mit magerer Cache-Ausbeute geworden. Das entspräche zwar nicht den Erwartungen, aber damit könnte man auch leben.


„ If a container is lost but you find the support, you are free to log it as found but please add a Needs Maintenance log so that I know which ones to visit and repair.“ So hatte es der Owner bereits in der Beschreibung des Treils beschrieben und im Gegensatz zu meinen sonstigen Log-Gepfligenheiten (Name im Logbuch = Cache gefunden) habe ich mich daran gehalten. Ohne Petling und ohne Support war ein DNF, Support mit Nachweisfoto ein Found.

Kaum der Zivilisation und den letzten Häusern entkommen wurde es besser. Trotz 700 und mehr Cachern, die zumindest die Caches auf dem von uns bewanderten Trail bereits loggten, waren sie gepflegt und in gutem Zustand. Fast alle auf Greifhöhe in Bäumen befestigt. Seniorengercht, denn Bücken musste man sich auf der ganzen Runde kaum. 
Manch einer scheint aber das Listing nicht genau durchgelesen zu haben. „Although almost all caches are next to a forest road you should be very careful if you are not driving a 4x4 - some of the roads are very sandy, others can turn into mud rivers, there is the occasional ditch that runs across the road." 

Die anfangs guten Forstwege mutierten unterwegs zu tiefen und weichen sandigen Pisten, die ich selbst mit einem Fahrrad nicht abradeln wollte. Und so häufen sich in den Logs die originellen Fotos von festgefahrenen Autos und den Bemühungen sie durch Schieben, Rausziehen, Ausgraben oder Unterlegen von Ästen wieder flott zu bekommen.

Dieses Problem blieb uns erspart, obwohl eine längere Wanderung über weiche Sandwege auch ganz schön anstrengend sein kann. Auf dem mageren Boden wachsen hauptsächlich Kiefern und Birken. Büsche und dichtes Unterholz wird man vergebens suchen. Vergeblich aber auch die Suche nach einer Bank, die zu einer gemütlichen Pause einlädt. Bei sonnigem Herbstwetter war es eine Genusswanderung, immer wieder unterbrochen von der kurzen Suche nach einem Petling. Auf der ganzen Tour haben wir nur fünf einsame Beerensammler gesehen. Aber zu einer überraschenden Begegnung ist es trotzdem gekommen.

Der einzige Cacher in den baltischen Staaten, zu dem ich Kontakt hatte, war Sandrius aus Litauen, der nahe seinem Wohnort Panevezys, knapp 200 km weiter südlich auf der aufgelassenen Schmalspurtrasse seinen Trail ausgelegt hatte. Ihn hatte ich vor der Reise mit ein paar Fragen kontaktiert. Wir freuten uns, als wir nach ein paar Stunden zwei Cacher trafen, die mit dem Fahrrad die Runde entgegengesetzt abgefahren sind.
Bei der etwas holprigen Plauderei in Englisch stellte es sich dann heraus, dass es sich um eben diesen Sandrius handelt, der ein paar Tage Urlaub im Nachbarland machte. Die Welt ist schon klein!



Wenn das Wetter auch noch so schön zum Wandern und die Wegführung durch den Wald auch noch so interessant und abwechslungsreich ist, irgendwann sehnt man sich dann auch nach dem Tagesziel.. Umso mehr, als die letzten Kilometer - zurück in die Zivilisation - nicht mehr so überwältigend waren. Nach 23,2 km und etwas weniger als acht Stunden waren wir wieder bei unserem Cachemobil am Parkplatz angelangt. Etwas müde zwar, aber voll von den Eindrücken, die wir heute in uns aufgesaugt haben.

Die Rückfahrt zu unserer Relais-Station ging um diese Zeit dann auch etwas flotter über die Bühne.


Dienstag, 15. September 2015

Balti-Tour 2015: Bushwhacking in Litauen

Wenn im Listing eines Caches in den USA „Bushwhacking“ steht, dann muss man sich auf verwachsene Wege, schwer durchdringbares Unterholz, dornenreiche Büsche und ähnliches einstellen. Ein „Bushwhacker“ d.h. ein Buschmesser oder eine Machete sind zwar nicht erforderlich, aber kurzbehost und mit dünnem T-Shirt sollte man so eine Runde lieber nicht angehen.

Sandrius, der Owner des NGRPJ - Powertrails in Litauen hat das Listing für die Wanderung auf der aufgelassenenen Trasse der Schmalspurbahn immerhin mit den Attributen „nicht Rollstuhltauglich“, „nicht im Winter“ und „Dornen“ ausgestattet und wenn man die Fotos in der Galerie der einzelnen Caches betrachtet, dann weiß man auch, was einem erwartet.

Listing Foto by Sandrius - So sieht es heute nicht mehr aus
Rund 160 km lang ist das Streckennetz der Schmalspurbahnen in Litauen. 1891 begann dort die Eisenbahngeschichte und schon 1899 wurde Panevezys, auf halber Strecke zwischen Riga in Lettland und der litauischen Hauptstadt Vilnius gelegen, an das Streckennetz angeschlossen.

Statt der bei uns üblichen Spurweite von 1.435 mm hatte man aus Kostengründen eine Schmalspur von 750 mm gewählt und Schritt für Schritt bzw. Schwelle für Schwelle das Streckennetz ausgebaut. Die Kosten für eine Schmalspurbahn betrugen nur rund 1/8 der Kosten für eine Normalspur, unter anderem weil der Rollwiderstand in Gleisbögen geringer ist und damit engere Kurvenradien realisiert werden können.

Als im 1. Weltkrieg Deutschland das Land besetzte, baute das Deutsche Reich aus Gründen der militärischen Infrastruktur weitere Strecken - allerdings mit einer Spurweite von 600 mm. Diese Strecken wurden in der kurzen Zeit der Unabhängigkeit Litauens von 1920 - 1938 auf 750 mm Spurweite umgebaut.

Heute sind in Litauen nur noch weniger als 70 km Strecke im Betrieb. Wo früher Güterzüge mit Quarzsand, Ziegel, Getreide oder Heizöl entlang tuckerten, da fahren heute haupsächlich noch Museumszüge.

Für die 36 km langen Strecke von Panevezys nach Joniskelis mit fünf Haltestellen brauchte der Zug 1:23 h und bei mehr als 11 Kesselwagen für den Heizöltransport musste eine 2. Lokomotive angekuppelt werden. Bei einer Konferenz wurde 1993 dann festgestellt, dass die hölzernen Schwellen teilweise verrottet und der technische Zustand der Strecke kritisch ist. Mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 15 km/Std. allein war es nicht getan und so wurde diese Strecke stillgelegt.

Als Nationales Kulturerbe wird die Strecke heute von fünf Mitarbeitern mehr schlecht als recht betreut. Gegen den Diebstahl von mitunter ganzen Gleisabschnitten sind sie ziemlich machtlos. Die sieben Brücken sind in einem miserablen Zustand. Da brechen schon mal Bohlen durch und Teile fallen nach unten. Mitunter auch Wanderer, so wie Anfang Juli 2015 ein 73-jähriger Mann, der acht Meter von der Eisenbahnbrücke Mazupe stürzte. Das war tödlich.

Vom Bahnhof Panevezys bis nach Mikoliskis, etwas mehr als der Hälfte der Strecke bis zur früheren Endstation in Joniskelis hat Sandrius den Powertrail NGRPJ ausgelegt. 102 Caches gibt es auf der etwa 25 km langen verwilderten und verwachsenen Trasse der Bahn zu finden. Das kann man nur abwandern, denn auch mit einem Fahrrad kommt man nicht durch. Diese anstrengende Wanderung ist vielleicht auch der Grund, warum in mehr als einem Jahr kaum mehr als 60 - 80 Funde geloggt wurden.

Wir haben unser Cachemobil am Bahnhof in Panevezys abgestellt und wollten mit einem Taxi zu unseren Einstiegspunkt fahren und dann zum Bahnhof zurück wandern. Die ganze Strecke wollten wir nicht ablaufen. Das wäre in dieser Jahreszeit auch schlecht möglich meinte Sandrius, den ich per e-mail kontaktierte und der uns auch einige Telefonnummern für Taxis aufgab.

Am neuen Bahnhof in Panevezys stehen nämlich keine. Das ist auch nicht verwunderlich, da pro Woche nur fünf Personenzüge ankommen. Mit dem ersten Anruf hatten wir Pech. Die waren auf Vilnius spezialisiert und auf die versprochene SMS mit Kennzeichen und Fahrername würden wir wohl noch heute warten. Auch der 2. Versuch scheiterte, aber nach fast einer Stunde waren wir mit # 3 erfolgreich. Der Fahrer, ein brummeliger Bär, sprach zwar auch Russisch, aber das konnten wir wiederum nicht. So wurde er mit dem GPS zum Startpunkt unserer Streckenwanderung gelotst. Selten habe ich bisher so ein erstauntes Gesicht gesehen, als wir auf einer sandigen Nebenstraße „in the middle of nowhere“ aussteigen wollten.

Um 13:20 h ging es dann entlich los. Schwellen oder Gleise waren mitunter überhaupt nicht mehr zu erkennen. Die Natur hat die Trasse zurück erobert und bauchhohes Gras, dichtes auch zwischen den Schwellen wachsendes Buschwerk machten jeden Schritt zum Abenteuer. Man musste aufpassen, nicht über die darunter verborgenen Gleise zu stolpern. Die Caches waren zwar fair versteckt, aber bei jedem einzelnen Cache musste die höher gelegene Trasse verlassen und im noch dichteren Unterholz ein paar Meter tiefer gelegen mühsam ein Zugang zum versteckten Döschen gesucht werden. Bei so wenig Cachern gibt es halt keine ausgetretenen Trails.

Dann kam der Regen! Erst leicht nieselnd, dann etwas kräftiger und bei dem Sonnenschein am Start lag die Regenjacke gut verstaut im Auto am Bahnhof. Gegen Ende und schon nahe der Zivilisation dann ein Gewitterguss, der sich gewaschen hat. Glücklicherweise in der Nähe einer Tankstelle, wo wir bei einem Kaffee das Ende des Wolkenbruchs abwarten konnten. 


Nach 10,2 Kilometer und gefundenen 35 Caches waren wir nach über fünf Stunden am Ziel, dem alten Bahnhof von Penevezys bei unserem Cachemobil angelangt und mit diesem Trail statt einem schnellen Drive-In-Cache irgendwo am Straßenrand der Via Baltica ist nun auch Litauen auf der Karte erinnerungswürdig eingefärbt.