Donnerstag, 22. September 2011

Die Basislinie der Bayern

Als Jean-Baptiste-Joseph Delambre und Pierre Méchain im Juni 1792 begannen die Strecke von Dünkirchen am Ärmelkanal bis Barcelona – beides am gleichen Meridian gelegen – durch Triangulation zu vermessen, da ahnten sie wohl kaum, welche Arbeit auf sie zukommen würde. Erst 1798 war das Projekt abgeschlossen.
Und das Ergebnis? Man kannte die exakte Lage der beiden Endpunkte und die Entfernung und konnte so auf den Umfang der Erde schließen und - als den vierzigmillionsten Teil des Erdumfangs - das Urmeter als verbindliche Maßeinheit errechnen. Auf einer internationalen Konferenz im Frühjahr 1799 wurden die Ergebnisse präsentiert und das metrische System nach und nach in fast allen Ländern der Erde als Standardmaß eingeführt.

Kurfürst Maximilian IV, der spätere König Maximilian I von Bayern, hatte da wohl andere Wünsche, als er 1801 das Topographische Bureau gründete. Er wollte eine „vollständige, astronomisch und topographisch richtige“ Karte von seinem Bayernland. Um korrekt zu sein, es war mehr der sanfte Druck von Napoleon, dem es um die Topographie und die Bewegungsmöglichkeit seiner Armee ging. Nach der Entstehung des Königreichs Bayern im Jahre 1806 wollte König Max dann aber wissen, wie groß sein Bayernland ist und bei der Gelegenheit wurden auch die Grundstücke vermessen und die Bodenqualität geschätzt, damit die Untertanten besser und gerechter besteuert werden konnten.

Grundlage einer Vermessung ist eine Basislinie oder Grundlinie, deren Länge exakt bekannt sein muss, da von den beiden Endpunkten aus - als Seite eines Dreiecks - das gesamte Vermessungsnetz durch eine Vielzahl aneinander gereihter Dreiecke aufgebaut wird. Fünf Meter lange geeichte Tannenholzlatten wurden damals präzise hintereinander gelegt und eine Basislänge von 21.653,80 m ermittelt. Durch Satallitenmessung weiß man heute, das das Ergebnis des Jahres 1801 um weniger als einen Meter von der tatsächlichen Entfernung abweicht.
An den beiden Endpunkten der bayrischen Basislinie wurden 1802 je ein Denkmal in Form einer Pyramide aufgestellt. tasdevil13 ist es zu verdanken, dass diese historischen Orte auch cachemässig präsent sind. Mit seiner Basislinie I in Aufkirchen und Basislinie II im Erdinger Moos sowie dem daraus resultierenden Mystery Basislinie III erinnert er an die erste Basislinie in Bayern.
Später zur Überprüfung und möglicher Korrektur kam noch die fränkische Grundlinie dazu. Wahrscheinlich zweifelten die 1806 eingemeindeten Franken – erfolglos - an der bayrischen Genauigkeit. An der Gedenkplatte dieser Grunlinie gibt es ebenfalls einen Cache
Mit seiner Aussage, dass „Bayern das erste Land in Europa ist, das exakt vermessen wurde“, scheint tasdevil13 aber falsch zu liegen. Die Kurhannhoversche Landesaufnahme im Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg war schon 1784 und damit lange vorher abgeschlossen.
An die Triangulierung im Königreich Sachsen (1862 – 1890) mit der Großenhainer Grundlinie errinnert am Basisendpunkt Quersa übrigens auch eine Dose.

Wenn ich irgendwann wieder nach Bayern fahre um die ebenfalls meist präzise Basislinie in der Abwehr des FC Bayern zu begutachten, dann werde ich wohl auch wieder die Pyramide besuchen. Denn wie schon so häufig habe ich bei meinem Besuch doch wieder glatt vergessen, mir die Bonuszahl für den Mystery zu notieren. Präzision war wohl etwas für das 19. Jahrhundert.

5 Kommentare:

  1. Du hast einen Fehler in Deinem Blog:
    Du schreibst: »Die Kurhannhoversche Landesaufnahme im Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg war schon 1874 und damit lange vorher abgeschlossen.«
    Tatsächlich fand aber die Kurhannoversche Landesaufnahme zwischen 1764 und 1784 (Quelle: Wikipedia) statt.
    Wie du so richtig geschrieben hast, war das weit vor der Landesaufnahme in Bayern!

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  2. @ Anonym 23.09.11 10:45 h
    Danke für Deinen Kommentar und den Hinweis auf meinen Fehler. Ich habe die gleiche Quelle benutzt, aber dann hat sich im Blog ein Tippfuhler eingeschlichen. Ist jetzt auf 1784 korrigiert.

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  3. So, so, da wird man zitiert und verlinkt und muß es erst per Google rausfinden...
    Also die Information über Bayern hatte ich nur mündlich aber aus relativ gut informierten Quellen (Chef vom Bay Vermessungsamt bzw. einem anderen Landeshistoriker). Ich werde da auch mal recherchieren und vielleicht mal nachbessern.

    Außerdem ist damals das Land Bayern ein bißchen größer als das Kurfürstentum BS+LN gewesen... ;-)

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  4. Als bayerischer Geometer a.D., Verfasser verschiedener Artikel zur Fränkischen Grundlinie und Initiator und Gestalter der Schutzplatte des Basisendpunktes der Fränkischen Grundlinie (s. Geocaching u. www.panoramio.com/photo), möchte ich zu Ihrem Artikel und zu den Kommentaren folgendes bemerken:
    Weit vor der Kurhannoverischen Landesvermessung wurden von Prof. Ph. Apian (Universität Ingolstadt) in den Jahren 1554 bis 1563 die Bayerischen Landtafeln geschaffen. Diese Karte von Bayern, im ungefähren Maßstab 1:45000, gilt als erste systematische Aufnahme eines deutschen Landes (s. S. 53/54 „Geschichte der Geodäsie in Deutschland“ von Prof. W. Torge, Leibniz Universität Hannover). Die Kurhannoverische Landesvermessung folgte erst 200 Jahre später, nämlich von 1764 bis 1786 und die hierbei entstandenen Karten waren im Maßstab 1:21333 (s. S 116ff „C.F. Gauß und die Landesvermessung in Niedersachsen“ 1955 / Quelle: Landesvermessungsamt Hannover). Beide Karten, die bayerische und die kurhannoverische, zählen zu den topografischen Karten und sind obendrein ohne trigonometrische Grundlage. Das Jahr 1801 zählt als Geburtsstunde der Bayerische Vermessungsverwaltung. Damals begann der Aufbau einer flächendeckenden Triangulierung für ganz Bayern und der damals zu Bayern gehörenden Pfalz. Das Ergebnis war das von G. v. Soldner geschaffene Soldner-Koordinaten-System, die Grundlage für die ab 1808 beginnende Vermessung des Landes Bayern im Maßstab 1:5000, bzw. 1:2500 für die Ortslagen. Als 1864 die Landesvermessung endete, war jedes Gebäude, jedes Flurstück, jede Nutzungsart und jeder Grenzstein auf den ca. 20000 Kartenblättern erfasst, die sich für Bayern und die Pfalz lückenlos aneinanderreihen ließen. Es war die erste flächendeckende Katasterkarte eines deutschen Landes und sogar Europas. Für die Provinz Hannover kam der Start zu einer einheitlichen Katasterkarte erst mit der Anweisung von 1868 und für Preußen 1879 mit der Anweisung zur Zusammenfassung aller Katastersysteme nach Soldnerschen Grundlagen. Ich hoffe somit zu Klärung des Sachverhaltes beigetragen zu haben – ganz ohne lokalpatriotische Hintergründe.

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    1. Herzlichen Dank dem Herrn Geometer a.D. für diese fundierte und ausführliche Information.
      Erst vor kurzem habe ich Delambre/Méchain Vermessung gesehen. Geodäsie ist schon eine faszinierende Wissenschaft!

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