Dienstag, 25. Oktober 2011

Ich bekenne: Ich habe betrogen!

Wie fast immer nieselte es auch an diesem 18. August 2008 in Seattle und kleine Nebelschwaden zogen über den Puget Sound und den Lake Union, wo um diese Zeit noch keine Wasserflugzeuge starteten.
Schon früh haben wir uns aufgemacht von unserem Quartier in die rund 25 km entfernte Stadt, die wir heute erkunden wollten. Und es wurde ein toller Tag … bis 18:47 h – aber dazu später.
Im Seattle Center, im kleinen Park am Standort der Weltausstellung 1962, sind wir mit den Lift auf die Plattform der Space Needle hochgefahren und haben den spektakulären Ausblick genossen. Im Science Fiction Museum gleich nebenan wurden wir durch die Ausstellungsstücke an viele alte Filme erinnert und lange sind wir im EMC, im Experience Music Project geblieben. Die Geschichte der E-Gitarre, die nicht mit der legendären Fender, sondern viel früher begann, die alten Filme mit Musikproben der Rockgrößen oder der 10 Meter hohe Turm aus E-Gitarren haben uns beeindruckt.
Im Pike Market, dem ältesten dauerhaft geöffneten Farmer Market in den USA sahen wir den Fischhändlern zu, wie sie traditionsgemäß die gekauften Fische mit lautem Geschrei über einige Meter dem Mann an der Kasse zuwarfen und nach dem Hammering Man am Kunstmuseum starteten wir am Pioneer Square in einem unscheinbaren Gebäude die außergewöhnliche Seattle Underground Tour.
Cachen war heute nicht auf dem Programm – naja, ein bisschen was geht ja immer! Mein Reisekamerad, der zwar kein eigenes Account hat, aber bis zu diesem Tag schon an die 300 Finds von gemeinsamen Reisen und Touren hätte loggen können, hatte einen speziellen Wunsch. Ein Besuch des Apple Stores in der University Village von Seattle, um sich hier in USA mit einem iPhone einzudecken.
Der Shop war zwar weitere 20 km vom Standort entfernt, aber lag in Richtung des Microsoft Headquarters in Redmond, das heute auch noch auf dem Programm stand. Wir fuhren also hin und nach Schlangestehen am Eingang und der obligatorischen Beratung im Laden war auch dieser Punkt erfolgreich abgehakt.
Inzwischen war es später Nachmittag und wir näherten uns immer mehr der Uhrzeit 18:47 h, die Zeit in der ich schwach wurde.
Noch von Deutschland aus habe ich einen sehr schön gemachten Travelbug mit auf die Reise genommen. Eine dickere Weißblechscheibe mit eingefrästem Apple Logo. Solide Arbeit, denn die Kanten waren entgratet und die Aufgabe stand auf einem laminierten Zettel. Der TB sollte vor dem bekannten Schriftzug von Microsoft beim Headquarter in Redmond fotografiert werden und dann zurück nach Deutschland reisen. Das hat bei der Reisevorbereitung prima gepasst und wir freuten uns tierisch auf diesen Tagesabschluss.

17:30 h: Wir machten uns auf den Weg – nochmals 20 km - nach Redmond, aber so sehr wir auch herumkurvten, wir konnten den Schriftzug nicht finden. Das ist ja auch noch verzeihlich, wenn man keine exakte Adresse hat und nur den Hinweisschildern folgt zu einem über 120 Hektar großen Firmengelände mit fast 50 Einzelgebäuden

18:15 h: Es wurde immer dunkler auf den Straßen. Schließlich fanden wir doch ein Microsoft Visitor Center, das schon geschlossen hatte. Wir entschieden, dass hier das Photo gemacht werden sollte.
In den Rucksack gegriffen um den TB rauszuholen …. aber da war nichts. Alle Einzeltaschen durchwühlt, immer noch nichts. Jackentaschen, Fototasche, das Auto und alle möglichen und unmöglichen Lagerorte gecheckt: Kein Travelbug, keine Blechscheibe mit Apple-Logo.
Dann kam die Erkenntnis und der Schock: Die Blechscheibe war, bereitgelegt auf dem Koffer, in unserem knapp 40 km entfernten Motel liegengeblieben.
Wir grübelten, was wir jetzt wohl tun könnten und dann hatte ich um

18:47 h die Idee, ein Foto zu faken und damit habe ich wohl meine Cacherunschuld ein für alle Mal verloren..
Glücklich sah er nicht aus, mein Reisekamerad, dem ich zum Schutz unkenntlich gemacht habe. Mit traurigen Augen stellte er sich wie von mir dirigiert vor das Schild des Visitor Centers und hielt in der einen Hand mein GPS und in der anderen …. nichts. In die leere Hand wurde später dann mit Photoshop der Travelbug einkopiert und mit diesem Foto dann auch der TB geloggt. Möge der Owner mir verzeihen.

Drei Sommer sind seither ins Land gezogen und immer noch denke ich an diesen Betrug. Ich verkneife es mir ungenehmigte Fotologs oder Fundlogs von abhanden gekommenen Caches zu kommentieren oder auch Team-Logs, bei denen am gleichen Tag mit ein paar Hundert Kilometer Abstand Funde geloggt werden, die so kaum möglich sind.
Wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen.
Wenn ich mitunter nachts schweißgebadet von Albträumen geplagt aufwache, dann ist das der gerechte Lohn für meinen damaligen Betrug. Jetzt, wo ich mich geoutet habe, spüre ich schon etwas Linderung und Erleichterung. Vielleicht wird schon bald der 18. August 18:47 h auch für mich wieder ein ganz normaler Tag und eine normale Uhrzeit sein. Wollen wir es hoffen!

5 Kommentare:

  1. Einfach nur toll.
    Gruss Motoleni

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  2. Fehlt der Schaden und die rechtswidrige Bereicherungsabsicht, das ist nur ein wenig geschummelt. Gib nicht so an! ;-)

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  3. Man fühlt sich einfach besser, wenn man sich geoutet hat.
    peter5io

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  4. Lieber Albatross,

    nobody, NOBODY is perfect. Ich finds OK so!

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  5. Klasse Geschichte !!! Absolution sei Dir erteilt ;)

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